Der Philosoph Alfred Schmidt schrieb
„Bei allen (keineswegs gering zu veranschlagenden) Unterschieden
ist religionswissenschaftlich eine ´letzte Einheit der Religionen´
erkennbar. Sie ergibt sich mit rationaler Klarheit aus dem Studium
ihrer Geschichte (...) Diese wissenschaftliche (...) Erkenntnis
wird(...) bestätigt durch das in mystischer Religiosität von
Anbeginn enthaltene "Einheitserlebnis".
Religionswissenschaft und
mystisch-unmittelbare Erfahrung führen zum nämlichen Ziel: beide
belegen "die Einheit der Religionen in aller geschichtlichen
Mannigfaltigkeit"!
Über der Schärfe, mit der Luther
spiritualistische Abweichler verurteilt, wird oft seine ursprüngliche
Nähe zur Mystik vergessen. Der junge Mönch studiert Tauler und die
Deutsche Theologie (...) Die neuentdeckte Innerlichkeit des Glaubens
macht Luther zunächst zum Feind nicht nur der scholastischen
Theologie, sondern begründenden Wissens überhaupt. "Nicht die
Gelehrtesten", schreibt er zu dieser Zeit, "sind die besten
Christen. Denn alle ihre Bücher und alle ihre Erkenntnis ist
Buchstabe und tot für die Seele. Nein, die sind die besten Christen,
die das wirklich in die Tat umsetzen mit voller Freiwilligkeit, was
jene in den Büchern schreiben und andere lehren."
Erst der Kampf gegen Rom und die
Auseinandersetzung mit den Spiritualisten weckt in Luther das
Interesse an Theologie, die ihn bald ganz beherrscht. Nigg schildert
diesen - folgenreichen - Übergang so: "Theologie und Mystik
decken sich ... nicht. ... Man kann von einer Theologie der Mystik
und von einer mystischen Theologie sprechen, doch darf auch der
Unterschied nicht übersehen werden. Die Mystik beruht auf inneren
Erfahrungen mit dem Göttlichen, während die Theologie eine
gedankliche Bewältigung der christlichen Probleme versucht. Es ist
deswegen so viel leichter, Theologe als Mystiker zu sein. Luther
wurde durch die heftige Kampfsituation unaufhörlich von seinem
ursprünglich religiösen Erleben zur Theologie abgedrängt. In ihm
brannte immer stärker eine theologische Leidenschaft, die zuletzt
wie ein Orkan loderte.... Es gibt... einen theologischen Dämon, der
Luther zur Rechthaberei, zur Disputiersucht ... verführte, die der
christlichen Innerlichkeit abträglich sind. Immer weniger ertrug er
den geringsten Widerspruch, er wurde gegen andere Auffassungen
zusehends unduldsamer, anstatt sie in Liebe zu ertragen ... Durch die
Entwicklung vom religiösen Ringen zur kampfgeübten Theologie wurde
die Türe geöffnet, durch die die Schulweisheit in die evangelische
Kirche einziehen konnte. An die Stelle der mittelalterlichen
Scholastik trat eine lutherische Scholastik, die nicht weniger
unfruchtbare Folgen nach sich zog."
Toller Blog, regt einen zum Nachdenken an. Bin nun Leser auf deinem Blog, würde mich über Gegenverfolgung freuen.
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