Donnerstag, 18. Februar 2010

Der innere Aufbau des Menschen

Der Mensch wird allgemein unterteilt in Geist, Seele und Leib (1.Thess. 5,23). Das ist eine recht grobe Einteilung, die wir uns etwas genauer ansehen wollen.

Der Leib ist zunächst das physisch - sichtbare des Menschen, also das, was auch noch eine Zeit nachdem er gestorben ist, als Leiche, sichtbar ist.
Dieser Leib ist aus materiellen Stoffen aufgebaut, die nach dem Tod „ihre eigenen Wege gehen.“
Solange der Mensch noch lebt sind diese physischen Stoffe anderen als den ihr innewohnenden physikalischen Gesetzmäßigkeiten unterworfen. Das macht der Vergleich zwischen einer Leiche und einem lebenden Menschen deutlich.

Man könnte deshalb diese lebendige Kräfteorganisation „Lebensleib“ nennen.
Einen solchen Lebensleib haben auch die Pflanzen und die Tiere. Kennzeichen dieses Lebensleibes sind Stoffwechsel, Wachstum und Fortpflanzung.
Aber der Mensch ist mit diesen Tätigkeiten ja noch nicht erschöpfend beschrieben.
Ein Mensch hat auch, wie das Tier, Gefühle.

Was drücken Gefühle aus? Die Beziehungen, also das Verhältnis, das dieses Lebewesen zu anderen Lebewesen oder leblosen Dingen hat. Grob eingeteilt: Das, was geliebt wird, wird aufgesucht; das, was gehasst wird, gemieden.
Beim Tier geschieht das instinktiv, beim Menschen bewusster. Deshalb sagt man auch, das Tier sei eine Seele, aber der Mensch habe eine Seele. Was wiederum zeigt, dass der Mensch mit Leib und Seele noch nicht ausreichend beschrieben ist.

Der Mensch kann nämlich über sich selbst reflektieren, d.h. er kann sich quasi selbst gegenüberstehen und betrachten. Das ist durch den Geist möglich. Synonym für Geist könnte man auch das Wort „Ich“ setzen. Wenn wir das tun, dürfen wir aber nicht unter „Ich“ dieses oder jenes verstehen, wie „Ich bin geizig“, „ich bin klug“ sondern nur jene allgemeine Energie, die es mir überhaupt erst ermöglicht, solche Aussagen zu machen. Was ist das für eine Energie? Es kann keine andere sein, als die die mir auch alle bisher genannten Funktionen ermöglichte, also Lebenstätigkeiten wie bei Pflanze und Tier und Beziehungen haben wie sie auch das Tier hat.
Geist aber ist das pure Leben, das Leben an sich. Zur Verdeutlichung ein Vergleich mit den Radiowellen: Damit wir einen Sender hören können, muss ein Programm auf die Trägerwelle moduliert werden. Die Programme entsprechen den verschiedenen Funktionen, die genannt wurde. Sie sind das Spezifische. Nun kann man aber eine Trägerwelle auch ohne Programme aussenden. Dann würden wir zwar nichts hören. Aber die Trägerwelle an sich, würde trotzdem da sein.

Was ist nun das Wesen des Geistes? Es ist ewig und es ist schöpferisch. Es ist Gott (der Vater). Damit will ich aber nicht sagen, dass Du oder ich Gott sind. Wir sind es deshalb nicht, weil unsere Liebe sich noch auf vergängliche Dinge, also die Schöpfungen des Geistes bezieht. Aber der Mensch könnte unmöglich Gottes Kind, oder ein Sohn Gottes werden - wie es uns verheißen ist - wenn nicht Gott in uns schon immer „anwesend“ gewesen wäre. Es gibt nichts, was völlig außer ihm wäre. Nur durch ein falsches Bewusstsein, und was daraus resultiert ist der Mensch von Gott getrennt.

Mit dem hier geschilderten Aufbau des Menschen wird es möglich sein, zu verstehen was nach dem Tod geschieht, aber auch die Geistesentwicklung der Menschheit vom Sündenfall bis zur heutigen Zeit. Wer also vom Glauben zum Verstehen, zum Gottschauen gelangen möchte, tut gut, sich in die hier gemachte Schilderung zu vertiefen.


Der Sündenfall
Zur Wiederholung:Der Mensch besteht aus physischen Leib (Materie), Lebensleib (das, was den physischen Leib durchorganisiert und die materiellen Gesetzmäßigkeiten in einen ganzheitlichen Zusammenhang stellt), Seele (das was Beziehungen schafft), Geist (Das Ewige).
Wie können wir uns nun den Menschen im Paradies vorstellen, also unmittelbar nachdem er geschaffen wurde?

Seine Seele war noch völlig beziehungslos, sein Geist noch nicht tätig. Damit war der Mensch ein völlig reiner Spiegel der ihn umgebenden Realität.
Der Geist wurde aber sofort mittels des physischen Leibes tätig. Der eigene Leib wurde von des Menschen Geist durchdrungen.
Dadurch entstand eine geistige Vorstellung vom Leib.
Dieses innere Bild ( = Vorstellung ), das der Mensch so gewonnen hatte, wurde mit den anderen Vorstellungen verglichen, die ihm durch den Anblick der Tiere gegeben wurden.
Dadurch, dass man das eine mit dem anderen vergleicht und so das Gemeinsame aber auch das Trennende feststellt, entsteht ja jede Erkenntnis. So erkannte also zunächst der Mensch die Tiere und konnte sie deshalb mit Namen benennen.

Nachdem er die Tiere mit Namen benannt hatte war dieser Erkenntnisvorgang beendet. Folgerichtig fällt der Mensch nun in einen Schlaf, da nichts mehr seine Aufmerksamkeit erregt. In diesem Schlaf aber begegnet sein Geist der Vorstellung des eigenen Leibes (s. oben).
Der Mensch steht damit erstmals sich selbst gegenüber, und da des Menschen Geist noch nicht von Gottes Geist getrennt ist, ist dieser Geist in einem noch unbeschränkten Sinne schöpferisch.
Die Vorstellung, die der Mensch zuvor von sich selbst hatte, ihm aber nicht bewusst war, wird nun substantiell herausgesetzt.
Nun ist aus dem bisher ungeschlechtlichem Menschen Mann und Frau geworden.

Da nun der Mensch sich gegenüber steht, kann er auch sich selbst erkennen.
Das Erkennen dringt nun noch mehr dem Ursprung zu - denn wie bereits gesagt wurde, begann der Erkenntnisprozess mittels des menschlichen Leibes, und nun ist er wieder bei ihm angelangt. Der Mensch erkennt nun, dass er erkannte.

Dieser bisher stattgefundene Prozess zeigt sich ihm im Bild der Schlange. (Es ist ganz klar, dass es sich hier um einen inneren Vorgang handelt und die Schlange hier nicht eine physisch greifbare Schlange ist. Aber alle Schlangen sind physischer Abbilder lebendiger Kraftrichtungen, Bilder kanalisierter Energie, psychisch ausgedrückt: der Triebe.)
Da nun das Erkennen auf tieferes ausgerichtet ist, kommt es wieder an eine Grenze, und zwar der zwischen Erkennbaren und (vorläufig) Nichterkennbarem, nämlich der zwischen dem Geschaffenen an sich und dem Schaffenden, oder anderes ausgedrückt zwischen Form und Energie (die formlos ist).

Da der Mensch nichts anderes tat und „wollte“ als erkennen steht er nun dem Unerkennbaren gegenüber. Sein Erkenntnistrieb stößt also auf eine „Mauer“. Der Erkenntnistrieb wird ohnmächtig. Die Urangst und damit der Tod waren „geboren“. Das beendete den Zustand der Harmonie mit Gott (Paradies).

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Anmerkung:
Inzwischen habe ich entdeckt, dass auch Ignatius von Loyola (1491-1556) die Stufen Pflanze, Tier, Mensch ähnlich, wie hier dargestellt, sah.

"Betrachtung, um Liebe zu erlangen

Schauen, wie Gott in den Geschöpfen wohnt:

in den Elementen, indem er Sein gibt;
in den Pflanzen, indem er belebt;
in den Tieren, indem er wahrnehmen macht;
in den Menschen, indem er Verstehen gibt;
und so in mir,

indem er mir Sein gibt;
indem er beseelt;
indem er wahrnehmen macht
und indem er mich verstehen macht;
ebenso indem er einen Tempel aus mir macht, da ich nach dem Gleichnis und Bild seiner göttlichen Majestät geschaffen bin. "

Aus dem Exerzitienbuch (eine neuere Übersetzung)

Dienstag, 9. Februar 2010

Theologisieren heute
- Eine dringend notwendige Besinnung -

Wer sich getrieben fühlt, theologische Aussagen zu machen, d.h. Aussagen aus "göttlicher Sicht", sollte sich über die Grundlagen im klaren sein, auf denen er das tut.
Der Naturwissenschaftler hat es im Gegensatz zum Theologen leicht. Er hat mit einer Wirklichkeit zu tun, die weitgehend greifbar, sichtbar, aber auf jeden Fall, meßbar ist. Bildet ein Naturwissenschaftler Hypothesen, so werden diese früher oder später an der Realität verifiziert oder ad absurdum geführt. Anders bei einem Theologen: Er geht von einer Realität aus, die nur in geringem Maße erfahren, im wesentlichen jedoch lediglich geglaubt, d.h. als. vorhanden angenommen wird.
Die Interpretation dieser Wirklichkeit und der Zeugnisse (bsw. der Bibel), die von dieser handeln, scheint deshalb mehr oder weniger menschlicher Willkür zu unterliegen. Es ist ganz klar, daß auf d i e s e r Grundlage die Ansichten derer, die theologisieren, seien es nun ausgebildete Theologen oder "Laien" divergieren müssen.

Aber die Ausgangssituation der Naturwissenschaft war durchaus eine ähnliche, wie sie heute für die Theologie noch ist. Naturwissenschaftliche Zusammenhänge, wie sie uns heute selbstverständlich sind, wurden erst allmählich entdeckt. Die Kriterien, an oder mit denen Wirklichkeit meßbar ist, und mit denen Naturprozesse nachvollzogen oder gar neue Prozesse ausgelöst werden konnten (Experiment) mußten erst gefunden werden. Nur langsam entwickelte sich eine naturwissenschaftliche Weltsicht.
Daß heute diese Sicht beherrschend geworden ist - nicht zuletzt durch die freilich schon wieder fragwürdig erscheinenden Erfolge auf technologischem Gebiet - ist darauf zurückzuführen, daß Erkenntnisse gewonnen wurden, auf denen sich bauen ließ und die immer neue Erkenntnisse evolvierten. Im Vergleich dazu sind die Ergebnisse der Theologie beschämend.
Nach einer nahezu zweitausendjährigen Geschichte der christlichen Theologie sind wir, was die erkenntnismäßige Vertiefung der wesentlichen Aussagen des christlichen Glaubens - wie sie etwa im athanasischen Glaubensbekenntnis zum Ausdruck kommen - anbelangt, nicht weiter als am Anfang. Im Gegenteil, es gibt nahezu nichts im christlichen Glauben, das nicht durch die (moderne) Theologie in Frage gestellt wurde. Doch auch die evangelikale Theologie brachte keine neuen Erkenntnisse. Ihre Tätigkeit besteht lediglich in einem Arrangieren von Bibelstellen.

Daß hier etwas mit der Ausgangssituation, den Grundlagen des Theologisierens nicht stimmen kann, müßte jedem in die Augen springen. Aber es gibt ja so etwas wie eine Betriebsblindheit. Dazu gehört, daß im allgemeinen übersehen wird die Beschäftigung mit dem "Wort Gottes" nicht die Erforschung d e r Wirklichkeit ist, die in diesem ausgedrückt ist. Andere Theologen gehen davon aus, daß es nur das naturwissenschaftlich erforschbare Dasein gibt und interpretieren in diesem Sinne die Aussagen der Bibel.

Diese Irrwege können vermieden werden, wenn man sich klarmacht, daß, wie in der Naturwissenschaft, wirkliche Aussagen über eine Realität nur gemacht werden können, wenn man immer und immer tiefer in diese Realität selbst eindringt, sie also selbst Gegenstand der Forschung ist.

Dieses Prinzip auch für die Theologie in Anspruch zu nehmen ist nicht Vermessenheit, sondern trägt die Verheißung: "Ihr werdet die Wahrheit erkennen" (Joh. 8,32).

Theologische Aussagen werden dann zu dem, was im Wesentlichen ihre Funktion sein soll: Hilfsmittel auf dem Weg in und zur Erforschung einer Realität, die sich dem Sinnenschein entzieht (einschließlich ihrer Bezüge zur physisch - sichtbaren Welt), und einer Realität, die erst durch Jesus Christus auch für uns in vollem Maße Wirklichkeit werden kann (1. Kor. 2,6-15; 1. Kor. 1-3 und viele andere).

Durch das vertiefte Eindringen in die nur dem physischen Auge unsichtbaren Welten und die immer tiefer werdende Verwirklichung des Heils (Heiligung) erhalten die Hypothesen der Theologie ihre Korrekturen, so daß sie zu einem immer geschmeidigeren Werkzeug werden.

Es versteht sich von selbst, daß eine solchermaßen r e a l i t ä t s b e z o g e n e Theologie nicht konfessionsgebunden sein kann. Im Gegenteil wird sie alle durch Nichtverständnis bedingten Barrieren überwinden können, und so die "Einheit im Glauben" (Eph. 4, 13) ermöglichen. Dieses für unsere Zeit neue Verständnis der Theologie bedingt nicht nur eine grundsätzliche Neuausrichtung des Theologen - er selbst in seinem Streben nach Heil und der damit verbundenen Transformation seiner selbst, ist primäres Studienobjekt, das ihn in unmittelbaren Kontakt zu oben genannten Realitäten bringt - sondern auch eine gewichtsmäßige Verlagerung und Ausweitung der theologischen Studienfächer.

Zu ihnen wird nicht nur die vergleichende Beschäftigung mit Leben und Aussagen christlicher Mystiker aller Konfessionen gehören, oder die Beachtung christlicher Erfahrungen, sondern auch an den Erscheinungen und den Aussagen des Spiritismus und der Parapsychologie wird der Theologe nicht oberflächlich Kenntnis nehmend, vorbeigehen können. Wenn sie ihm auch keine unmittelbar christologischen Erkenntnisse vermitteln können, so können sie doch geistig-seelisch-materielle Zusammenhänge offenbaren.

Das Wichtigste, selbstverständlich neben dem eigenen Streben nach Heiligung, wird schließlich die Zusammenschau des so gewonnenen Wissens sein. Diese wird dem Theologen in echt wissenschaftlicher Weise sagen können, unter welchen Bedingungen diese oder jene Ergebnisse zu erwarten sind."
M.R.

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Ergänzung vom 13.09.2011:
Origines(+ 254):
„Niemand kann die Schrift erfassen, der nicht zutiefst eines wird mit den Wirklichkeiten, von denen sie zu uns spricht."

(Origines, Johanneskommentar 13, 24: PG 14, 440.)