Freitag, 16. Juli 2010

Vom Glauben zum Schauen


Für die meisten Gläubigen sind Gott und die unsichtbaren Welten, einschließlich ihrer Wesen etwas “Verborgenes” (lat. “okkultes“), und so soll es auch nach Meinung vieler bleiben. Sie wollen nichts davon wissen. Entsprechend sieht dann natürlich die Bibelauslegung aus. Rein willkürlich, da man keine übersinnlichen Erkenntnisse, keine Einsichten in Zusammenhänge hat.
Dabei sollte doch der Glaube als übersinnliches Wahrnehmungsorgan dienen: “Durch den Glauben nehmen wir wahr, dass die Welten durch Gottes Wort geschaffen sind.” (Hebr. 11,3). Durch ihn wird unser Sinn und damit unser Wahrnehmungsvermögen auf das Übersinnliche gerichtet. “Trachtet nach dem, was droben ist.” (Kol. 3,2), werden wir ermahnt. Die Ausrichtung nach “oben” genügt aber noch nicht, um wirklich etwas wahrzunehmen. Deshalb heißt es “Selig, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen.” (Mt. 5,8). Um ein reines Herz zu bekommen ist Heiligung nötig. Wiederum heißt es deshalb “Ohne Heiligung wird niemand den Herrn schauen.”
Ein reines Herz kann man mit einem Spiegel vergleichen. In einem Spiegel ist nichts eigenes, sondern er gibt nur wieder, was sich in ihm spiegelt. Wenn in uns Emotionen sind, wie Wut, Hass, Ärger, Zorn, Angst, Furcht so ist das, wie wenn der Spiegel blinde Flecken hätte, oder wie wenn Wolken vor den Himmel ziehen.
Aber auch Vorurteile binden unseren Geist, so dass er nicht die Wahrheit erkennen kann. Deshalb sollten wir uns um Objektivität bemühen. Alles so da sein lassen, wie es ist. Das fällt uns oft nicht leicht. Wir Menschen haben ein Interesse daran, die Wirklichkeit zu entstellen, d.h. sie anders wahrnehmen zu wollen, als sie wirklich ist. Wir meinen nämlich oft, die Wahrheit nicht ertragen zu können. So lügen wir uns lieber etwas vor.
Furchtlos der Wahrheit ins Antlitz zu schauen lernt aber der, der weiß, dass er ein ewiges Wesen ist und ihn nichts und niemand vernichten kann.

“Unser Wandel ist im Himmel” (Phil.3,20). Also sollten wir uns da ein bisschen auskennen. Unser ewiges Ich ist immer in der unsichtbaren Welt. Es hat nur seine Wahrnehmung auf das Sinnlich-Sichtbare gerichtet und deshalb meinen wir Menschen, wir lebten ausschließlich hier auf Erden. Das ist aber ein Trugschluss. Deshalb müssen und sollen wir nicht warten, bis uns alles nach dem Tod, wie einige meinen, offenbar wird (wenn wir unser übersinnliches Erkenntnisvermögen nicht hier entwickeln, werden wir da auch nicht viel wahrnehmen), sondern hier und jetzt soll es geschehen.
Die Nahtoderlebnisse und die weitere Entwicklung derer, die nicht zurückkommen kann prinzipiell jeder von hier aus verfolgen. Ganz einfach weil wir uns selbst schon in diesen Welten aufhalten.
Dazu muss man natürlich nicht Christ sein. Das kann jeder Mensch, der sich um Reinheit bemüht, der nicht irdisch gesinnt ist.
Solche Menschen gab es schon immer. Sie wurden “Menschensöhne” (Eph. 3,5) genannt. Nur das Geheimnis der Auferstehung konnten sie noch nicht erkennen.
Ein solcher Menschen begegnet uns in der Frühzeit des Christentums. Er schrieb in einem Brief “Könnte ich euch etwa nicht auch Himmlisches schreiben? Ich fürchte nur, dass ich euch Unmündigen Schaden zufüge (…) auf dass ihr unfähig es zu fassen, (nicht) erstickt. Bin doch selbst ich, ob ich auch (…) die himmlischen Dinge und die Rangordnungen der Engel und der Fürstentümer , Versammlungen, Sichtbares und Unsichtbares wohl verstehen kann, um deswillen noch kein Jünger.” (Ignatius an die Trallianer 5, 1-2).
Wie weit sind wir doch von den Erwartungen, die Jesus und die Apostel an die Jünger Jesu hatten, entfernt. Schon damals rügte Jesus, dass die Menschen so blind waren: “Wenn ihr eine Wolke von Westen aufsteigen seht, sagt ihr alsbald, es gibt Regen. (…) Heuchler! Das Angesicht der Erde und des Himmels wisst ihr zu beurteilen; wie aber kommt es, dass ihr diese Zeit nicht beurteilen könnt?” (Luk. 12, 56). Was würde Jesus heute sagen, wo wir davon reden, dass in Christus alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis seien (Kol. 2,2), wir aber jede Offenbarung solcher Schätze als “über die Bibel” hinausgehend, also als unbiblisch ablehnen? Sind wir nicht da noch größere Heuchler?
Dazu gäbe es noch viel zu sagen.

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