Sonntag, 22. Januar 2012

Seht die Lilien...


Das Paradies vermisst der Mensch. Seitdem ist er auf der Suche. Anscheinend ist ihm die Rückkehr verbaut. Aber ist das jetzt immer noch so?

Im Paradies musste der Mensch nicht für sich sorgen. Er lebte sorglos. Das hatte sich geändert. Der Mensch wurde den Naturmächten unterworfen. Seitdem ist alles Mühe und Arbeit. Mühe und Arbeit sind Sorge um den Selbsterhalt. Solange also Mühe und Arbeit anhalten, gibt es kein Paradies mehr für die Menschen.

Jesus aber sagte, dass wir nicht länger lediglich den Naturmächten unterworfen sein müssen, sondern dem Ewigen vertrauen können. Durch dieses Vertrauen ist eine Rückkehr ins Paradies, d.h. in die Sorglosigkeit, die Unbekümmertheit, dem Spiel – im Gegensatz zum Ernst – des Lebens möglich. Wir können werden wie die Kinder. Notwendig ist nur Eines: Vertrauen. Das aber ist das, was uns am schwersten fällt... Vielleicht deshalb, weil wir so sehr mit dem Sorgen um irdische Dinge beschäftigt sind, anstatt in der Gegenwart Gottes, in der Meditation und Kontemplation zu verweilen?

Im Kontext, dass wir nicht Schätze sammeln sollen, die vergänglich sind (Matth. 6,19; Luk. 12,16-21) spricht Jesus (Matth. 6,25) „ Darum sage ich euch: Sorgt nicht um euer Leben, was ihr essen und trinken werdet; auch nicht um euren Leib, was ihr anziehen werdet.“ - Also genau darum, worum sich das Leben aller Menschen dreht, soll sich unser Leben nicht drehen! (Luk 12,29 " Darum auch ihr, fragt nicht danach, was ihr essen oder was ihr trinken sollt, und macht euch keine Unruhe. (30) Nach dem allen trachten die Heiden in der Welt; aber euer Vater weiß, dass ihr dessen bedürft.")

Wir müssen bedenken, dass diese Worte nicht in einer Wohlstandsgesellschaft gesprochen wurden, sondern in eine, wo Menschen sicher oft Mangel litten! Er begründet seine Aufforderung damit, dass ein Leben der Sorge, der Mühe und Arbeit kein wirkliches Leben ist. Klar, wie oft stöhnen wir unter dem Leben? : Ist nicht das Leben mehr als die Nahrung und der Leib mehr als die Kleidung?"

Matth. 6, 26: „ Seht die Vögel unter dem Himmel an: sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater ernährt sie doch. Seid ihr denn nicht viel mehr als sie?“ Vielleicht haben wir hier einen weiteren Zweifel? Sorgt Gott wirklich für die Vögel? Sind sie nicht dauernd auf Nahrungssuche? Sterben sie nicht auch? Tiere leben einfach ihr Inneres. Sie sind stets spontan. In diesem Sinne kennen sie kein Sorgen, keine untergründige Unruhe. Nichts, was sie zwingt. Vertrauen in Gott ist auch unser tiefstes Inneres zu leben...

Nicht nur das Grübeln, wie bekomme ich etwas zu essen, wie etwas anzuziehen, wie die nächste Miete, bringt nichts, sonder auch, dass wir für das Erlangen dieser Güter so viel Zeit und Kraft aufwenden: Wer ist unter euch, der seines Lebens Länge eine Spanne zusetzen könnte, wie sehr er sich auch darum sorgt?“ (27) Eher verkürzen wir dadurch unser Leben, da es uns die Lebensfreude nimmt bzw. diese gar nicht recht aufkommen lässt.

Als ein weiteres Beispiel zieht Jesus die Lilien heran: Und warum sorgt ihr euch um die Kleidung? Schaut die Lilien auf dem Feld an, wie sie wachsen: sie arbeiten nicht, auch spinnen sie nicht. (28) Ich sage euch, dass auch Salomo in aller seiner Herrlichkeit nicht gekleidet gewesen ist wie eine von ihnen. (29) Wenn nun Gott das Gras auf dem Feld so kleidet, das doch heute steht und morgen in den Ofen geworfen wird: sollte er das nicht viel mehr für euch tun, ihr Kleingläubigen? (30)“

Wie wachsen denn die Lilien? - Sie ziehen einfach alles aus der Luft und dem Boden an, was sie zu ihrem Wachstum brauchen. Auch hier ist alles ein ganz natürliches Geschehen, dass keine Anstrengung kostet. Ein solches anstrengungsloses Leben steht auch uns in Aussicht, wenn wir nur vertrauen könnten. Ein Leben, nicht in Mühe, sondern in Herrlichkeit! Ein herrliches Leben! Ein Leben ohne Arbeit!

Da werden nun gleich wieder einige kommen und den Paulusvers zitieren: „Wer nicht arbeiten will, der soll auch nicht essen." (2. Thess. 3,10). Hier handelt es sich aber um Menschen, die „unnütze Dinge treiben“ (3,11), denen diese Ermahnung gilt. Es sind also noch im Vertrauen ungefestigte Menschen, die erst zur Gemeinde hinzugekommen sind und nicht wissen was sie anstellen sollen. Ein Luftikus zu sein ist etwas anderes als wirkliches Vertrauen zu haben, dass Gott für einen in jeder Hinsicht sorgt. Bitten wir darum, dass unser Vertrauen wächst!

Denn genau in diesem Zusammenhang sprach auch Jesus davon, dass wir nicht zwei Herren dienen können. Wir können nicht gleichzeitig Gott vertrauen und uns Sorgen machen oder uns Sorgen machen und Gott vertrauen. Beides schließt sich aus (Matth. 6,24).

Wir sehen, Gott geht es nicht um ein jenseitiges Leben, sondern ein Leben im Hier und Jetzt, das immer mehr von Gottvertrauen geprägt sein soll. Ein solches Gottvertrauen hält aber der für überflüssig, der meint sowieso durch Gnade nach dem Tod in den Himmel zu kommen. Eine Überwindung der Abhängigkeiten von der Welt hält er deshalb nicht für nötig.

Für die (angebliche) Richtigkeit dieser These wird gern der Verbrecher am Kreuz zitiert, zu dem Jesus sprach „ Heute wirst Du mit mir im Paradies sein.“ (Luk. 23,43). Was ist aber darunter zu verstehen? Der Verbrecher war zu der Einsicht gekommen, dass er zu recht, aber Jesus zu unrecht verurteilt worden war. Beider Erdenleben war nun zu Ende. Also gingen Beide in die gottverbundene Welt ein. In die Welt, wo andere Gesetzmäßigkeiten herrschen als hier im Erdenleben. Das war im Paradies damals der Fall. Jesus wollte dem Verbrecher Hoffnung geben, ihm die Angst nehmen, denn Jesus war gekommen den Sünder zu retten, den Weg zum Leben zu weisen. Aber das heißt nicht, dass der Verbrecher den Weg bereits beschritten hätte oder gar zum Ziel gekommen wäre. Auch er muss erst, wie wir alle, geläutert, d.h. von den Anhänglichkeiten ans Irdische, von den Trieben und Begierden befreit werden. Das alles lag noch vor ihm! Denn „wie eng ist die Pforte und wie schmal der Weg, der zum Leben führt, und wenige sind's, die ihn finden!" (Matth. 7,14)